Chronische Wunden sind besonders bei älteren Menschen ein zunehmendes Problem. Mangelernährung (Malnutrition) trägt erheblich dazu bei, da der Körper für die Heilung von Wunden mehr Nährstoffe benötigt. Eine ausreichende Ernährung und gegebenenfalls Nahrungsergänzungsmittel können den Heilungsprozess unterstützen.
Warum Ernährung wichtig ist
Nach einer Verletzung setzt der Körper sofort Heilungsprozesse in Gang. Es bildet sich ein Blutgerinnsel, das als Grundlage für die Zuwanderung von Entzündungszellen dient. Diese Zellen bekämpfen Bakterien und beginnen, neues Gewebe zu bilden. Der Körper benötigt hierfür viel Energie aus Kohlenhydraten und Fetten sowie Baustoffe aus Proteinen. Vitamine und Spurenelemente unterstützen als Co-Faktoren diese Prozesse.
Wenn der Körper nicht genügend Nährstoffe erhält, greift er auf seine eigenen Reserven zurück. Das führt zu Muskelabbau und einer allgemeinen Schwächung, wodurch die Wundheilung verlangsamt und das Infektionsrisiko erhöht wird.
Phasen der Wundheilung
Die Wundheilung verläuft in vier Phasen:
- Koagulation: Blutbestandteile bilden ein Gerinnsel, um die Wunde zu verschließen.
- Inflammation: Entzündungszellen beseitigen Bakterien und bereiten das Gewebe für die Heilung vor.
- Proliferation: Neues Gewebe und Blutgefäße bilden sich.
- Differenzierung: Das neue Gewebe reift und wird stabil.
Während der Entzündungsphase steigen der Energiebedarf und der Glukoseverbrauch des Körpers. Kohlenhydrate und Fette liefern Energie, während Proteine als Baustoffe dienen. Vitamine und Spurenelemente unterstützen die DNA-Synthese und andere Reparaturprozesse.
Wichtige Nährstoffe
- Vitamin C: Essenziell für die Bildung von Kollagen, einem wichtigen Bestandteil des Bindegewebes. Es unterstützt auch das Immunsystem und hilft bei der Bekämpfung von Entzündungen. Vitamin C sollte langsam freigesetzt werden, um eine konstante Versorgung zu gewährleisten.
- Vitamin A: Hilft bei der Zellregeneration und stärkt das Immunsystem. Es fördert die Hautgesundheit und die Regeneration der Zellen.
- Vitamin D: Unterstützt die Wundheilung und hat entzündungshemmende Eigenschaften. Es reguliert die Zellfunktion und hilft, die Hautbarriere zu stärken.
- Vitamin E: Schützt die Zellmembranen vor Schäden und unterstützt das Immunsystem. Es hilft, Wunden vor Infektionen zu schützen.
- Zink und Selen: Zink ist ein wichtiger Co-Faktor für viele Enzyme und Proteine. Selen spielt eine Rolle bei der DNA-Reparatur und schützt die Zellen vor oxidativen Schäden.
Ernährungsmanagement zur Unterstützung der Wundheilung
Eine ausgewogene Ernährung ist entscheidend für die Wundheilung:
- Kohlenhydrate: Maltodextrin kann zur Erhöhung des Energiegehalts von Speisen verwendet werden.
- Proteine: Proteinreiche Pulver können in Suppen oder Milchprodukte eingerührt werden. Jede Mahlzeit sollte mindestens 20 g Eiweiß enthalten, um die Heilung zu unterstützen.
- Vitamine: Fettlösliche Vitamine wie A, D und E sollten mit fettreichen Mahlzeiten eingenommen werden, um ihre Aufnahme zu verbessern.
- Zink und Selen: Diese sollten vorzugsweise in Tablettenform eingenommen werden, da lokale Anwendungen nur begrenzte Wirkung haben.
Risiken im Alter
Ältere Menschen haben ein höheres Risiko für Wundheilungsstörungen, weil sie oft weniger essen und eine schlechtere Nährstoffaufnahme haben. Studien zeigen, dass Entzündungsmarker wie das C-reaktive Protein den Appetit verringern. Altersbedingte Veränderungen der Appetitregulation und psychosoziale Faktoren tragen ebenfalls zur Mangelernährung bei. Diese Faktoren umfassen häufige Erkrankungen, soziale Isolation und kognitive Beeinträchtigungen.
Diagnostik und therapeutische Maßnahmen
Ein systematisches Screening auf Mangelernährung bei Krankenhausaufnahme ist besonders bei älteren Patienten wichtig. Wird eine Mangelernährung festgestellt, sollte ein umfassendes Ernährungsassessment folgen und ein individueller Ernährungsplan erstellt werden. Hochkalorische Proteinsupplemente, die reich an Arginin, Zink und Antioxidantien sind, können die Wundheilung unterstützen.
In schweren Fällen können enterale (über den Verdauungstrakt) und parenterale (direkt in die Blutbahn) Ernährungsmethoden angewendet werden. S3-Leitlinien zur Lokaltherapie und Ernährung in der Chirurgie und Geriatrie bieten detaillierte Empfehlungen für das Ernährungsmanagement.
Wundheilung und Ernährung: Ein zusammenhängendes System
Während der gesamten Wundheilung ist die ausreichende Zufuhr von Nährstoffen eine zentrale Einflussgröße. Ein Mangel an energieliefernden oder strukturrelevanten Substraten zwingt den Körper, auf vorhandene Reserven zurückzugreifen. Das kann zu einer Protein-Energie-Mangelernährung führen, was die Wundheilung verzögert und die Anfälligkeit für Infektionen erhöht.
Eine Reduktion der Magermasse um 20 % kann zu verzögerter Heilung, Hautausdünnung und erhöhtem Infektionsrisiko führen. Ein Verlust von 30 % der Magermasse ist oft mit der Entwicklung von Druckgeschwüren und einer hohen Mortalität verbunden, meist aufgrund von Infektionen wie Lungenentzündungen.
Ernährungsstrategien
- Kohlenhydrate: Einfache Zucker wie Maltodextrin können in Speisen eingemischt werden, um den Energiegehalt zu erhöhen, ohne den Geschmack zu verändern.
- Proteine: Proteinpulver können leicht in Suppen oder Milchprodukte eingemischt werden. Wichtig ist, dass jede Mahlzeit ausreichend Eiweiß enthält, um den Heilungsprozess zu unterstützen.
- Vitamine: Für eine verbesserte Bioverfügbarkeit sollten fettlösliche Vitamine mit fettreichen Mahlzeiten eingenommen werden. Vitamin C sollte in einer Form aufgenommen werden, die eine langsame Freisetzung ermöglicht, um eine konstante Versorgung zu gewährleisten.
- Zink und Selen: Diese sollten vorzugsweise in Tablettenform eingenommen werden. Lokale Anwendungen sind weniger effektiv.
Altersbedingte Herausforderungen
Mit zunehmendem Alter verringert sich oft der Appetit, und die Nahrungsaufnahme wird geringer. Dies kann durch physiologische Veränderungen im zentralen Nervensystem sowie durch soziale und psychologische Faktoren verstärkt werden. Entzündungsmediatoren wie TNF-α und IL-6 spielen ebenfalls eine Rolle bei der Verringerung des Appetits.
Screening und Intervention
Bei Krankenhausaufnahme sollte ein systematisches Screening auf Mangelernährung durchgeführt werden, insbesondere bei Patienten über 60 Jahren. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) und die Global Leadership Initiative on Malnutrition (GLIM) haben Kriterien für das Screening und die Diagnose von Mangelernährung entwickelt. Diese umfassen phänotypische Kriterien wie Gewichtsverlust und reduzierte Muskelmasse sowie ätiologische Kriterien wie geringe Nahrungsaufnahme und Entzündung.
Empfohlene Maßnahmen
Leitlinien des European Pressure Ulcer Advisory Panel (EPUAP) empfehlen für Patienten mit Druckgeschwüren eine hohe Energie- und Proteinzufuhr. Hochkalorische Proteinsupplemente, die Arginin, Zink und Antioxidantien enthalten, sind besonders nützlich. Bei Bedarf können enterale und parenterale Ernährungsmethoden eingesetzt werden.
Fazit
Eine energie- und nährstoffreiche Ernährung ist entscheidend für die Wundheilung, besonders bei älteren Menschen. Regelmäßige Überwachung und gezielte Ernährungsmaßnahmen können die Heilung unterstützen und Komplikationen verhindern. Eine frühzeitige Intervention und eine angemessene Versorgung mit Makro- und Mikronährstoffen sind unerlässlich, um die Heilung zu fördern und die allgemeine Gesundheit zu erhalten.
Autor: wm
Quellenhinweise: Alle genutzten Quellen sind auf Nachfrage beim Autor erhältlich