Seit etwa zwei Jahren wird in den Medien verstärkt darüber berichtet, dass die Laborbestimmung von sogenannten Tumormarkern im Rahmen einer Vorsorge-untersuchung sinnlos und nutzlos sei.
Diese Stimmungsmache kommt, wie so Vieles, aus den USA. In Deutschland scheint man gerne auf diesen Zug aufzuspringen. Zu den möglichen Hintergründen später.
Schauen wir uns einmal an, um welche Tumormarker es vorwiegend geht.
Der wahrscheinlich bekannteste Tumormarker ist das PSA (Prostata spezifische Antigen). Es gibt für den PSA-Wert sogenannte Normalbereiche (Referenzbereiche), die je nach Labor und verwendetem Testkit unterschiedlich sein können.
Sobald ein PSA-Wert oberhalb des Normalbereiches liegt, sollte eine eingehendere Ursachenforschung betrieben werden. Das heißt meiner Meinung nach aber noch lange nicht, dass man reflexartig eine Prostatabiopsie durchführen lässt. Prostatabiopsien, allein auf der Basis von erhöhten PSA-Werten, lehne ich ab. Derartiges Vorgehen ist der eigentliche Grund für das schlechte Image der PSA-Bestimmung. Viele Männer erhalten dadurch eine invasive, teilweise radikale Prostatatherapie, obwohl sie daraus keinen Überlebensvorteil haben, dafür aber Inkontinenz und Impotenz.
Ein erstmalig erhöhter PSA-Wert kann vielerlei Ursachen haben. Am häufigsten steckt eine Entzündung der Prostata dahinter (Prostatitis). Wenn erstmalig der PSA-Wert über der Norm ist, empfiehlt sich meiner Erfahrung nach ein konservatives Vorgehen. Wenn im Urin Entzündungszellen und evtl. Bakterien nachweisbar sind und/oder im Blut der Entzündungswert CRP über 4,5 ist, sollte mit einem geeigneten Antibiotikum über 7-10 Tage und pflanzlichen Substanzen über 4 Wochen behandelt werden. Wenn der PSA-Wert dann noch immer über der Norm ist, obwohl der Urin „sauber“ ist und der CRP wieder in Richtung 1,0 geht, dann empfiehlt sich als nächste Untersuchungsmaßnahme eine TRUS (transrektale Ultraschalluntersuchung), meistens beim Urologen. Sollten dabei Auffälligkeiten im Prostatagewebe festgestellt werden, wird der Facharzt zur Biopsie dieser Prostatabereiche raten.
Wer sich vor diesem invasiven Eingriff scheut, kann eine vorgezogene MRT-Untersuchung mit Spektroskopie durchführen lassen. Damit kann mit hoher Genauigkeit zwischen gutartigen Gewebeveränderungen und bösartigen Krebswucherungen unterschieden werden. Wie die meisten innovativen Dinge, kostet das Extrageld. Einige Privatkassen zahlen jedoch diese Untersuchung. Informieren Sie sich vorher! Es gibt in Deutschland aber nicht viele Zentren, die eine derartige Untersuchung anbieten.
Wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Karzinom der Prostata vorliegt, kommt der Betroffene nicht um eine Biopsie herum. Egal, für welche Therapieart des Prostatakarzinoms man sich dann auch entscheiden sollte, ein Biopsieergebnis wird immer gefordert werden.
Wenn Sie 40 Jahre und älter sind, sollten Sie sich nicht von einer einmal jährlichen PSA-Untersuchung im Rahmen eines Gesundheits-Checks abbringen lassen. Zur Not zahlen Sie diesen Test selber (ca. 30-45 €).
Weitere sinnvolle Tumormarker, die im Rahmen eines Gesundheits-Checks bestimmt werden sollten:
CA-125
Ein auffälliger Messwert gibt einen Hinweis auf eine Störung der Ovarialsituation (Eierstöcke). Erhöhte CA-125 Werte sollten immer Anlass sein, intensiv die Ovarien und die Gebärmutter (Uterus) zu untersuchen. Das Argument, dass falsch positive CA-124 Werte kostspielige Operationen nach sich ziehen würden, kann man nicht akzeptieren. Kein operativ tätiger Gynäkologe wird allein auf der Basis eines erhöhten CA-125 Wertes eine umfangreiche Unterleibs-Operation ausführen.
CA 15-3
Ein erhöhter CA 15-3 Wert gibt einen Hinweis auf mehrere bisher unentdeckte Erkrankungen: Brustkrebs, Ovarialkrebs, Uteruskrebs, Lebererkrankungen, Entzündungen.
Ein gezieltes Untersuchungsregime wird in der Regel die Ursache der Erhöhung finden.
CEA
Ein erhöhter CEA-Wert kann mehrere Ursachen haben.
Abgeklärt werden müssen:
Magenkrebs, Brustkrebs, Dickdarmkrebs, Schilddrüsenkrebs, Tumoren im HNO-Bereich, Lungentumore, Speisenröhrenkrebs, Leberkrebs, Blasenkrebs, Pankreaskrebs, Ovarialkrebs, Uteruskrebs.
Sie sehen, der CEA-Tumormarker ist sehr unspezifisch.
Das darf aber doch kein Argument sein, um diesen Wert im Rahmen einer Gesundheits-Untersuchung nicht zu messen. Wenn er erhöht ist, dann muss auf die Ursachensuche gegangen werden.
Und hier kommen wir zum eigentlichen Grund für die zunehmend ablehnende Haltung eines Tumormarker-Screenings: die daraus entstehenden Kosten für die Markertests und die viel höheren Kosten für die anschließende Suche nach der Ursache für die Tumormarker-Erhöhung. Deshalb will man vor allem von Seiten der Kostenträger (private und gesetzliche Krankenkassen, Beihilfestellen der Staatsbediensteten) die Tests auf Tumormarker auf die Verlaufskontrolle bei bereits bekannten Tumorerkrankungen beschränken. Wer sich gesund fühlt, soll offensichtlich von einer eventuell beginnenden Krebserkrankung nicht informiert werden. Kostet einfach zu viel. Dass sich für diese unethische Argumentationsweise auch niedergelassene Ärzte bis hin zu Universitätsprofessoren gewinnen lassen, sollte nachdenklich stimmen.
Man sollte sich grundsätzlich darüber im Klaren sein , dass ein unauffälliges Ergebnis bei einem Tumormarkertest keine 100-prozentige Sicherheit geben kann, „dass da nicht doch was ist“. (Winfried Miller)