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Steigern Sie Ihre Gehirnleistung!

Es gibt eine ganze Reihe von Maßnahmen, die nachweislich helfen können, die Gehirnleistung im Alter ab etwa 50 Jahren zu verbessern oder zumindest zu erhalten. In den folgenden Abschnitten werden verschiedene Ansätze vorgestellt und jeweils Studien bzw. Übersichtsarbeiten (Reviews) genannt, die diese Ansätze untermauern.

  1. Körperliche Aktivität

Regelmäßige körperliche Bewegung (z. B. Ausdauertraining, moderates Krafttraining, Nordic Walking, Tanzen) hat einen positiven Einfluss auf die kognitiven Funktionen älterer Menschen. Dies zeigt sich insbesondere bei exekutiven Funktionen (z. B. Planungsfähigkeit, Arbeitsgedächtnis) und der Merkfähigkeit.

  • Colcombe & Kramer (2003):
    Fitness Effects on the Cognitive Function of Older Adults: A Meta-Analytic Study.
    Psychological Science, 14(2), 125-130.
    Diese Meta-Analyse zeigt, dass Ausdauer- und Krafttraining signifikante Verbesserungen in verschiedenen kognitiven Bereichen bei älteren Erwachsenen bewirken kann.
  • Geda et al. (2010):
    Physical Exercise, Aging, and Mild Cognitive Impairment: A Population-Based Study.
    Neurology, 74(10), 876-885.
    Die Studie legt nahe, dass körperliche Aktivität das Risiko für leichte kognitive Beeinträchtigungen mindert und zum Erhalt kognitiver Funktionen beiträgt.

Praktische Empfehlungen

  1. Regelmäßiger Ausdauersport (3-5 Mal pro Woche, moderate Intensität) wie z. B. zügiges Spazierengehen, Joggen oder Radfahren.
  2. Krafttraining (2-3 Mal pro Woche), um den Muskelapparat zu stärken und die allgemeine körperliche Gesundheit zu verbessern.
  3. Alltagsbewegung steigern: Treppen statt Aufzug, kurze Wege zu Fuß erledigen, öfter mal tanzen, Gartenarbeit etc.

 

  1. Geistige Aktivität und Gehirntraining

Kognitive bzw. mentale Stimulation stärkt neuronale Verbindungen und kann dazu beitragen, kognitive Reserven aufzubauen oder zu erhalten. Dazu zählen klassische Denksportaufgaben, das Erlernen neuer Fähigkeiten (z. B. neue Sprache, Musikinstrument) sowie strukturierte kognitive Trainingsprogramme.

  • ACTIVE-Studie (Advanced Cognitive Training for Independent and Vital Elderly):
    Ball et al. (2002). Effects of cognitive training interventions with older adults: A randomized controlled trial.
    JAMA, 288(18), 2271-2281.
    Die Ergebnisse zeigten, dass gezieltes kognitives Training zu verbesserten Leistungen im Bereich Gedächtnis, Geschwindigkeit und logisches Denken führt – Effekte, die in Teilen über mehrere Jahre hinweg anhielten.
  • Willis et al. (2006):
    Long-term effects of cognitive training on everyday functional outcomes in older adults.
    JAMA, 296(23), 2805-2814.
    Die Studie belegte, dass ältere Erwachsene nach einem strukturierten Gehirntraining auch im Alltag (z. B. bei komplexen Aufgaben wie Haushaltsfinanzen) besser zurechtkamen.

Praktische Empfehlungen

  1. Regelmäßige Gehirntrainings-Apps oder -Programme mit Fokus auf Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Problemlösung.
  2. Neue Lernprojekte starten (z. B. eine Sprache lernen, ein Instrument spielen, Programmiergrundlagen, kreative Hobbys).
  3. Mentale Herausforderung im Alltag suchen (Kreuzworträtsel, Sudoku, Schach, Strategie- oder Gesellschaftsspiele).
  1. Ernährungsfaktoren

Ein gesunder Lebensstil inklusive ausgewogener Ernährung kann die Gehirnleistung positiv beeinflussen. Dabei wird häufig auf die Mittelmeerdiät hingewiesen, die reich an Gemüse, Obst, Vollkornprodukten, gesunden Fetten (v. a. Olivenöl), Fisch und Nüssen ist. Auch eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist wichtig.

  • Scarmeas et al. (2006):
    Mediterranean diet and risk for Alzheimer’s disease.
    Annals of Neurology, 59(6), 912-921.
    Die Ergebnisse zeigten, dass eine stärker ausgeprägte Adhärenz zur Mittelmeerdiät mit einem reduzierten Risiko für kognitive Einschränkungen und Alzheimer einherging.
  • FINGER-Studie (Finnish Geriatric Intervention Study to Prevent Cognitive Impairment and Disability):
    Ngandu et al. (2015). A 2-year multidomain intervention of diet, exercise, cognitive training, and vascular risk monitoring to prevent cognitive decline in at-risk elderly people.
    The Lancet, 385(9984), 2255-2263.
    Diese Studie untersuchte ein Kombinationsprogramm aus gesunder Ernährung, Bewegungsprogramm, kognitivem Training und Kontrolle von Risikofaktoren (Bluthochdruck, Cholesterin, Diabetes). Die Ergebnisse zeigten signifikante Verbesserungen in kognitiven Tests bei den Teilnehmern, die das Programm absolvierten.

Praktische Empfehlungen

  1. Ernährung mit hohem Anteil an Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten und ungesättigten Fettsäuren (Olivenöl, Nüsse).
  2. Moderater Fischkonsum (1-2 Mal pro Woche) und gegebenenfalls die Ergänzung von Omega-3-Fettsäuren (nach ärztlicher Rücksprache).
  3. Reduktion von Zucker, stark verarbeiteten Kohlenhydraten und gesättigten Fetten.
  4. Ausreichend trinken (Wasser, Tee).
  1. Soziale Interaktion und Engagement

Soziale Kontakte und geistig anregende Unterhaltungen unterstützen das Gehirn ebenso. Einsamkeit und soziale Isolation sind Risikofaktoren für einen beschleunigten kognitiven Abbau.

  • Holtzman et al. (2004):
    Zeigten in einer prospektiven Studie, dass soziales Engagement und anregende soziale Aktivitäten protektive Effekte auf die kognitive Leistungsfähigkeit haben können.

Praktische Empfehlungen

  1. Regelmäßige Treffen mit Familie und Freunden, gemeinsame Aktivitäten (z. B. Spieleabende, Sportgruppen, Vereine).
  2. Ehrenamtliche Tätigkeiten in Gemeinde, Kirche, Kultur oder sozialen Einrichtungen.
  3. Selbsthilfe- und Interessengruppen beitreten (z. B. Sprach- oder Literaturclubs).

 

  1. Stressreduktion und ausreichender Schlaf

Chronischer Stress beeinträchtigt das Gehirn (insbesondere den Hippocampus, der für das Gedächtnis zuständig ist). Ein guter Schlaf ist essenziell für die Gedächtniskonsolidierung.

  • Blackburn & Epel (2017):
    Forschung zu Telomer-Länge und Zellalterung legt nahe, dass chronischer Stress die Alterung von Zellen beschleunigen und kognitive Beeinträchtigungen verstärken kann.
    (Epel ES, et al. (2004) Accelerated telomere shortening in response to life stress. PNAS.)
  • Sleep and cognition: Mehrere Studien, u. a. von Diekelmann & Born (2010), zeigen, dass tiefer, erholsamer Schlaf für Lern- und Gedächtnisprozesse entscheidend ist.

Praktische Empfehlungen

  1. Stressmanagement-Techniken erlernen: z. B. Meditation, Atemübungen, Yoga, Achtsamkeit.
  2. Entspannungsrituale am Abend: Elektronische Geräte 30-60 Minuten vor dem Zubettgehen ausschalten, gedämpftes Licht, ggf. beruhigende Musik.
  3. Regelmäßiger Schlafrhythmus (möglichst gleiche Schlafens- und Aufstehzeiten).

 

  1. Vaskuläre Risikofaktoren im Blick behalten

Herz-Kreislauf-Gesundheit spielt eine zentrale Rolle für die Hirnleistung. Unbehandelter Bluthochdruck, hohes Cholesterin, Diabetes oder Adipositas können das Risiko für kognitive Störungen erhöhen.

  • Dementia Prevention, Intervention, and Care (Lancet-Kommission, 2017):
    In dieser umfassenden Übersichtsstudie wird betont, dass das Management von vaskulären Risikofaktoren (Blutdruck, Diabetes, Gewicht, Rauchen) wesentlich ist, um kognitive Einbußen zu verhindern oder zu verlangsamen.

Praktische Empfehlungen

  1. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen, um Blutdruck, Cholesterin und Blutzuckerwerte zu kontrollieren.
  2. Bei Bedarf Lebensstiländerungen (Gewichtsreduktion, vermehrte Bewegung, Ernährungsumstellung) in Abstimmung mit dem Arzt.
  3. Raucherentwöhnung bzw. Verzicht auf Nikotin.

 

  1. Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln und „Nootropika“

Manche Menschen setzen auf Nahrungsergänzungsmittel (z. B. Vitamin B12, Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren) oder sogenannte Nootropika. Die wissenschaftliche Evidenz für viele der frei verkäuflichen Präparate ist allerdings oft uneinheitlich. Sinnvoll ist eine ärztliche Abklärung von Mangelzuständen (z. B. Vitamin B12-Mangel), bevor Präparate eingenommen werden.

  • Rosenberg et al. (2018):
    In einem Review in Neurobiology of Aging wird betont, dass bei nachgewiesenem Mangel eine Ergänzung sinnvoll ist, während eine prophylaktische Einnahme ohne Mangel oft keine klaren Vorteile zeigt.

Praktische Empfehlungen

  1. Laboruntersuchung auf gängige Mangelerscheinungen (Vitamin B12, Vitamin D etc.) vor einer Supplementation.
  2. Omega-3-Fettsäuren können bei unzureichender fischreicher Ernährung sinnvoll sein.
  3. Vorsicht bei frei verkäuflichen „Gedächtnispillen“ mit unklarer Studienlage.

Fazit

Die wirksamste Strategie zur Verbesserung oder Erhaltung der kognitiven Leistungsfähigkeit ab 50+ ist ein ganzheitlicher Lebensstil. Zahlreiche Studien (z. B. die FINGER-Studie) zeigen, dass eine Kombination aus ausgewogener Ernährung, körperlicher Bewegung, regelmäßigem kognitivem Training, Stressmanagement, ausreichendem Schlaf und dem kontinuierlichen Management von Risikofaktoren (Bluthochdruck, Diabetes, etc.) die besten Chancen auf eine stabile Hirnleistung bietet.

Kurz zusammengefasst:

  1. Aktiv bleiben: Körperlich (Ausdauer, Kraft) und geistig (Lernen, neue Hobbys).
  2. Gesunde Ernährung: Mittelmeerdiät, genügend Flüssigkeit, wenige verarbeitete Lebensmittel.
  3. Soziale Kontakte pflegen: Einsamkeit vermeiden, im Austausch bleiben.
  4. Stress reduzieren und gut schlafen: Ausreichende Regeneration ist entscheidend.
  5. Vaskuläre Risiken minimieren: Blutdruck, Cholesterin, Blutzucker im Blick behalten.
  6. Gezielt supplementieren: Nur nachgewiesene Mängel ausgleichen; keine Wunderpillen erwarten.

Werden diese Punkte beachtet, lässt sich die kognitive Leistungsfähigkeit oft über viele Jahre hinweg erhalten und zum Teil sogar steigern.

WM