Bei Prostatakrebs im fortgeschrittenen Stadium steht die Reduktion der Ansprechbarkeit von Tumorzellen auf Hormonsignale (z.B. Testosteron) an vorderster Stelle.
Um die Prostatakrebszellen weniger empfindlich auf die wachstumsfördernden Hormonsignale zu machen, stehen seit vielen Jahrzehnten geeignete Medikamente (z.B. Bicalutamid) zur Verfügung.
Trotzdem kommt bei fast allen derart behandelten Prostatakrebs-Patienten der Zeitpunkt, wo die „Hormonblockade“ nicht mehr ausreichende Wirkung zeigt. Konsequenz: Die Tumorerkrankung schreitet fort. Dieses Stadium wird dann als kastrationsresistentes Prostatakarzinom bezeichnet.
Was ist ein kastrationsresistentes Prostatakarzinom?
Wenn unter einer antiandrogenen Therapie der PSA-Wert weiter ansteigt und/oder sich Metastasen (bevorzugt im Knochen) bilden, dann wird dieses Krankheitsstadium als „Kastrationsresistenz“ bezeichnet.
Welche Optionen stehen beim Erreichen dieses Krankheitsstadiums dann noch zur Verfügung?
Neben dem Beibehalten einer Anti-Hormontherapie (mit anderen, als den bisher verwendeten Substanzen, z.B. Abirateron) kann eine Strahlentherapie bei Knochenmetastasen (äußerliche & innerliche Strahlentherapie) und eine Chemotherapie eine diskussionswürdige Option darstellen.
Die Entscheidung kann nur individuell getroffen werden. Lassen Sie sich von Ärzten beraten, die einen Gesamtüberblick über alle Therapieoptionen haben. Ein Strahlentherapeut wird Ihnen selten von einer Strahlentherapie abraten, ein Onkologe selten von einer Chemotherapie.
In jüngster Zeit wird die Chemotherapie bei kastrationsresistentem Prostatakarzinom wieder verstärkt in den Fachmedien besprochen. Die in Frage kommenden Chemotherapie-Substanzen sind Docetaxel und Cabazitaxel. Wenn man den Vorschlägen der Befürworter einer frühzeitigen Chemotherapie folgt, dann sollte diese schon bei den ersten Anzeichen eines Versagens der Hormonblockade beginnen. Zuerst soll Docetaxel und anschließend Cabazitaxel als Chemotherapie gegeben werden und erst dann die neuartigen Hormonblocker, wie z.B. Abirateron.
Da ich persönlich in der Betreuung von Prostatapatienten bisher wenig bis nichts Positives von einer Chemotherapie gesehen habe, stehe ich dieser empfohlenen Vorgehensweise zugegebener Maßen skeptisch gegenüber. Ich habe in meinem Patientenklientel keinen Prostatakrebs-Patienten, der durch eine Chemotherapie einen Lebensqualitätsvorteil erhalten hätte. (Winfried Miller)