Lange Zeit galt das Darmmikrobiom als ein Nischenthema in der Wissenschaft. Doch inzwischen gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass die Zusammensetzung der Darmbakterien eine Rolle für unsere körperliche und psychische Gesundheit spielt. Auch ein Zusammenhang mit der Alzheimer-Krankheit wird erforscht. Hier erfahren Sie, was die Wissenschaft bisher herausgefunden hat und welche möglichen Therapieansätze untersucht werden.
Das Darmmikrobiom: Zusammensetzung und Aufgaben
Unser Darm ist Heimat für rund 1.500 verschiedene Bakterienarten. Diese erfüllen wichtige Aufgaben im Körper:
- Schutz der Darmwand: Sie produzieren kurzkettige Fettsäuren, die die Darmschleimhaut gesund halten.
- Verdauung und Stoffwechsel: Sie helfen, Nahrung zu verdauen, Medikamente abzubauen und wichtige Stoffwechselprodukte zu produzieren.
- Unterstützung des Immunsystems: Sie trainieren das Immunsystem und helfen, schädliche Keime abzuwehren.
Jeder Mensch hat eine individuelle Mischung aus 200 bis 500 verschiedenen Bakterienstämmen im Darm. Diese Zusammensetzung bleibt ab dem dritten Lebensjahr weitgehend stabil, kann sich aber durch Alter, Stress, Krankheiten oder Medikamente verändern.
Wie kommunizieren Darm und Gehirn?
Unser Darm und Gehirn stehen in engem Austausch über die sogenannte Darm-Hirn-Achse. Die Kommunikation zwischen diesen beiden Organen verläuft über verschiedene Wege:
- Nervensystem: Signale werden direkt über das vegetative Nervensystem gesendet.
- Hormone und Botenstoffe: Bestimmte Darmbakterien können Hormone und Neurotransmitter produzieren, die auf das Gehirn wirken.
- Stoffwechselprodukte: Kurzkettige Fettsäuren können Entzündungen im Körper beeinflussen.
- Immunreaktionen: Entzündungsprozesse im Darm können sich auf das gesamte Körpergeschehen auswirken.
Steht eine veränderte Darmflora mit Alzheimer in Verbindung?
Forschende haben herausgefunden, dass Alzheimer-Patientinnen und -Patienten oft eine geringere Vielfalt an Darmbakterien aufweisen. Diese Dysbiose könnte Entzündungen im Körper fördern. Einige entzündungsfördernde Bakterien produzieren Stoffe wie Caspase-1 und Interleukine, die das Immunsystem aktivieren. Diese können dann im Gehirn Entzündungen auslösen und zum Abbau von Nervenzellen beitragen – ein Prozess, der mit Alzheimer in Verbindung gebracht wird.
Zahnfleischentzündungen und Alzheimer
Auch Bakterien aus der Mundhöhle können eine Rolle spielen. Forschende haben einen Zusammenhang zwischen chronischen Zahnfleischentzündungen (Parodontitis) und Alzheimer festgestellt. Die dabei freigesetzten Entzündungsstoffe gelangen in den Blutkreislauf und könnten so im Gehirn Entzündungsprozesse auslösen.
Kann eine gezielte Beeinflussung des Darmmikrobioms helfen?
In ersten Studien wurden verschiedene Ansätze getestet, um eine gesunde Darmflora zu fördern:
- Ernährung: Eine mediterrane Ernährung mit vielen ungesättigten Fettsäuren wird als vorteilhaft betrachtet.
- Probiotika: Lebende Mikroorganismen, die positive Effekte auf den Darm haben können.
- Präbiotika: Nahrungsbestandteile, die das Wachstum gesunder Darmbakterien fördern.
- Stoffwechselprodukte der Mikrobiota: Vor allem kurzkettige Fettsäuren stehen im Fokus der Forschung.
Obwohl noch viele Fragen offen sind, zeigen präbiotische Ansätze aktuell das größte Potenzial. Ziel ist es, die bakterielle Vielfalt im Darm zu erhöhen und Entzündungsprozesse zu reduzieren. Neben diesen mikrobiellen Therapieansätzen bleiben auch Bewegung, gesunde Ernährung und geistige Aktivität weiterhin wichtige Faktoren zur Alzheimer-Prävention und -Behandlung.