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Der kranke Darm – Einfluss auf die Psyche

Brain surface by Raymond Vieussens, 1684

Darmprobleme können Depression, Schlafstörungen und Angst fördern. So die Meinung von Teilnehmern eines Kongresses für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik.

Diese vermuteten Zusammenhänge versucht man durch ein Darm-ZNS-Modell (brain-gut-axis) zu erklären. Am Beispiel der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) Morbus Crohn und Colitis ulcerosa wird versucht, diese Zusammenhänge aufzuzeigen.

Ausgehend von einer Störung der Barrierefunktion der Darmschleimhaut (leaky-gut) scheinen sich Darmbakterien in und unterhalb der Darmschleimhaut anzusiedeln. Dort haben sie aber nicht zu suchen. Darmbakterien sind normalerweise auf der Darmschleimhaut angesiedelt. Diese falsche Lokalisation der Darmbakterien ruft lokale Entzündungsreaktionen hervor (eine natürliche Reaktion des Immunsystems). Die entzündlich-erhöhten Botenstoffe des Immunsystems (Zytokine) zirkulieren mit dem Blut im gesamten Körper und können dadurch auch das Gehirn (ZNS) erreichen.

Dort sollen diese Entzündungsboten für Schlafstörungen, Depressionen und Angstattacken verantwortlich sein. Ob das tatsächlich so ist, weiß niemand. Auffällig ist jedoch, dass viele Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) an diesen psychischen Symptomen leiden. Hier sei aber auch die Frage erlaubt, was war zuerst da. Psychisch Kranke haben doppelt so häufig einen Morbus Crohn und viermal so oft ein Reizdarmsyndrom wie Gesunde.

Wenn ein Psychiater, Psychotherapeut oder ein Psychosomatiker an die therapeutischen Möglichkeiten eines Reizdarm-Syndroms oder einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung denkt, spielen natürlich Antidepressiva immer auch eine Rolle. Patienten mit CED oder Reizdarmsyndrom sind für den betreuenden Arzt relativ aufwendig. Antidepressiva sollen ihn dämpfen, ihn von psychischen Belastungen freihalten. Man glaubt jetzt herausgefunden zu haben, dass Antidepressiva in der Behandlung von Darmpatienten „das Gelbe vom Ei“ sind: neben der psychischen dämpfenden Wirkung sollen sie zusätzlich schmerzstillende und krampflösende Eigenschaften haben. Das versucht man auch mit kleinen Studien zu belegen.

Meiner Meinung nach lediglich eine symptomorientierte Therapie, ein „Herumdoktern“ an den Beschwerden. Wenn man bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen in der offiziellen Universitätsmedizin immerhin schon als möglichen Auslöser das „leaky-gut-Syndrom“ akzeptiert hat, dann muss man meiner Meinung und Erfahrung nach hier mit der Therapie ansetzen. Ein „leaky-gut-Syndrom“ lässt sich mittels einer Stuhluntersuchung feststellen. Danach gilt es, mit geeigneten Maßnahmen, die offenen Darmschleimhaut-Schranken wieder zu schließen und die festgestellten Mängel an Vitaminen, Spurenelementen und Mineralstoffen zu ersetzen. Das gelingt gut mit Substanzen, wie sie in der naturheilkundlichen Praxis eingesetzt werden. Antidepressiva sind da aber nicht darunter.

Durchschnittliche Dauer dieses naturheilkundlichen Ansatzes bis zum anhaltenden Erfolg: ca. 6 -12 Monate (Winfried Miller).