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Akuter zentraler Schwindel

Akuter Schwindel, der durch Schlaganfälle im Hirnstamm oder Kleinhirn verursacht wird, ist eine wichtige Differenzialdiagnose.

Schätzungsweise 4-15% der Patienten mit akutem Schwindel in Notaufnahmen haben einen Schlaganfall. Eine gezielte Anamnese und systematische klinische Untersuchung der vestibulären, okulomotorischen und zerebellären Systeme sind dabei unerlässlich.

 

 

Wichtige Anamnesepunkte

  • Plötzlicher Beginn ohne spezifische Trigger
  • Potenziell zentrale Symptome wie Doppelbilder, Dysarthrie und Hemiataxie
  • Neuartige oder begleitende Kopfschmerzen
  • Fehlen von Vorgeschichten mit Schwindel
  • Vorhandensein von kardiovaskulären Risikofaktoren

Klinische Untersuchung

Zu den Untersuchungselementen gehören:

  • Spontannystagmus und Kopfschüttelnystagmus
  • Kopfimpulstest (HIT) zur Erfassung des vestibulookulären Reflexes
  • Test auf Lagerungsnystagmus
  • Untersuchung der zentralen Okulomotorik
  • Tests zur posturalen Kontrolle und Gangstabilität

Diagnosekriterien und Differenzierung Nach den Kriterien der International Classification of Vestibular Disorders (ICVD) werden akuter zentraler Schwindel in drei Kategorien unterteilt:

  • Akuter prolongierter vaskulärer Schwindel
  • Wahrscheinlicher akuter prolongierter vaskulärer Schwindel
  • Wahrscheinlicher akuter vaskulärer Schwindel in Evolution

Ein akutes zentrales vestibuläres Syndrom wird durch Spontannystagmus gekennzeichnet.

Akutes zentrales Imbalance-Syndrom Hier dominiert eine posturale Instabilität ohne Spontannystagmus. Internistische Ursachen müssen zuerst ausgeschlossen werden. Kardiovaskuläre Risikofaktoren sind ein Indikator für eine zentrale Läsion.

Akuter zentraler Lageschwindel Dieser Schwindel erinnert an benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel (BPPV), zeigt aber oft einen strikt vertikalen oder torsionellen Nystagmus und kann auf eine Ischämie im zerebellären Nodulus oder eine vestibuläre Migräne hinweisen.

Therapie des akuten vestibulären Schlaganfalls Die Therapie basiert auf der intravenösen Lysetherapie bei größeren Ischämien und kardiovaskulären Risikofaktoren. Langfristig ist ein multimodales Gleichgewichtstraining essenziell, um die vestibuläre Kompensation zu fördern.

Zentraler episodischer Schwindel Die häufigste Ursache für episodischen Schwindel ist die vestibuläre Migräne. Diese muss von Morbus Menière unterschieden werden, wobei Overlap-Syndrome existieren können. Genetisch definierte episodische Ataxien sind seltener, helfen aber bei der Differenzierung durch zentrale Okulomotorikstörungen und Familienanamnese.

Therapie der vestibulären Migräne Akute Behandlungsoptionen sind noch nicht klar belegt, aber prophylaktische Maßnahmen wie Betablocker, regelmäßige körperliche Aktivität und Entspannungstechniken sind empfehlenswert. CGRP-Antikörper zeigen in Studien eine Ansprechrate von 78%.

Chronische zentrale Schwindelsyndrome Diese umfassen zerebelläre Schwindelsyndrome, die oft mit zerebellären Ataxien und Degenerationen verbunden sind. Pharmakologische Ansätze beinhalten Kaliumkanalblocker und N-Acetyl-Leucin, die in Studien positive Effekte gezeigt haben.

Schwindel bei neurodegenerativen Erkrankungen Morbus Parkinson und ähnliche Erkrankungen zeigen häufig Schwindelsymptome, die oft orthostatischer Natur sind. Auch bei kognitiven Beeinträchtigungen kann Schwindel auftreten, bezeichnet als Dizziness in Cognitive Impairment (DCI)-Syndrom. Hier spielen insuläre Hirnatrophien und vestibuläre Verarbeitung eine Rolle.

Funktioneller Schwindel Funktioneller Schwindel kann ohne organische Störungen oder sekundär nach Vestibulopathien auftreten. Er ist durch hohen subjektiven Leidensdruck gekennzeichnet und bessert sich oft durch sportliche Betätigung. Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) sind bei therapierefraktärem funktionellem Schwindel empfohlen.

FAZIT

Akuter Schwindel kann ernsthafte Ursachen wie Schlaganfälle haben. Eine sorgfältige Anamnese und klinische Untersuchung sind für die richtige Diagnose und Therapie entscheidend. Unterschiedliche Schwindelsyndrome erfordern spezifische therapeutische Ansätze, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Autor: wm

Quellenhinweise: Alle genutzten Quellen sind auf Nachfrage beim Autor erhältlich